Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 

Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 1.969 mal aufgerufen
 DAS VERRÜCKTE TAGEBUCH
Commander Offline

Board-Profi



Beiträge: 842

27.09.2006 00:16
Väddernrundan 2006 - Der Bericht !! Antworten
Vätternrundan 2006 (16-17 Juni)

Holgi und ich haben diese Veranstaltung mit einem schönen Familienurlaub verbunden.
Deswegen waren wir schon am Montag (12.06) angereist, um das von Holgi gemietete Haus (noch mal danke "meen Meister" !) in Beschlag zu nehmen. Sonniges Wetter bescherte uns schöne Tage am Väddernsee. Eine kleine Tour über ca. 50 Km zur Eingewöhnung war natürlich auch im Programm.
Am Donnerstag sind dann noch 3 weitere „Helden“ dazu gestoßen, die allerdings nicht nur die Tour bestehen wollten, sondern auch noch einen Höllenschnitt jenseits der 30 an den Tag legen wollten (was sie natürlich auch geschafft haben) – Die spinnen die Triathleten !!
An diesem Tag haben wir dann auch in Motala (Start- und Zielort) unsere Nummern etc. abgeholt – da war einem schon ein wenig kribbelig. Ein paar entscheidende letzte Käufe für die Tour wurden natürlich auch noch getätigt.
Da wir am Freitag eine Startzeit um 22:30 erwischt hatten (wir wollten unbedingt durch die Nacht fahren), war der Tag natürlich sehr lang und zäh. Die Nervosität stieg von Stunde zu Stunde – das war irgendwie allen anzumerken. Mit Vorschlafen ging irgendwie auch nicht so wirklich.
Nachmittags vor der letzten Pastaparty war dann der Zeitpunkt gekommen das Rad vorzubereiten und im gemeinsamen Transporter zu verstauen. Und um 20:30 sind wir dann endlich Richtung Motala abgerückt (natürlich nicht ohne uns vorher von unseren Familien heldenhaft verabschieden zu lassen !! ) Ca. 1 Stunde vor Beginn standen wir dann schon im Startbereich und das Kribbeln war nicht mehr zu ertragen. Selbstverständlich kamen jetzt bei mir ein wenig die Zweifel hoch: „Hatte ich genug trainiert? Würde mein altes, treues MARIN das durchstehen? Etc.“ Selbstverständlich habe ich mir nix anmerken lassen – Helden jammern nicht !!
Die Wetterprognosen waren für die Tour übrigens perfekt: Sonne, Windstille und warme Temperaturen !
Es wurde immer in 30’er Gruppen gestartet. Es dämmerte dann um 22:30 schon, als endlich für unsere Gruppe der Startschuss fiel – jetzt war „Schluss mit lustig“ !! Was jetzt folgte war der Gänsehautfaktor pur. Angeführt von einem Motorrad, das uns bis zum Rande der Stadt geleitete, fuhren wir durch diverse Strassen von Motala, wo an den Straßenrändern viele Menschen standen und uns zujubelten, applaudierten oder unsere Hände „abklatschen“ wollten. UNGLAUBLICH – so etwas hatte ich noch nicht einmal ansatzweise erlebt oder erwartet. Gerne wäre ich später noch einmal umgedreht und neu gestartet, denn was ist denn wohl morgens an der Startstrecke los, wenn abends um diese Zeit noch so Leute da sind? Bis in die tiefe Nacht waren noch Zuschauer an der Strecke anzutreffen, die z.B. eine kleine Party an der Tourstrecke veranstaltet hatten. Wow !!
Die Kilometerfresser (unsere Triathletenfreunde) habe Holgi und ich recht schnell verloren. Wir haben sie noch einmal kurz an der ersten Versorgungsstation (Hästholmen) wieder getroffen – sie hatten einen „Umkleide-Stop“ eingelegt und fuhren gerade wieder auf den Kurs, als wir die Station passierten. Der launige Spruch von Holgi an das Trio wird unvergessen bleiben !!
Holgi und ich hatten eine grundsätzliche „Team-Strategie“ aufgestellt: Holgi hat mit seinem Rad die bessere Hardware und ist damit bergab deutlich stärker – da zieht er. Ich bin der bessere Kletterer bergan – da ziehe ich. Auf gerader Strecke wird gewechselt oder sich irgendwo rangehängt. Und das wichtigste natürlich – bis zum Ende zusammenbleiben !!
Versorgungstechnisch war die Linie auch klar festgelegt (Holgi hatte da leider schon schlechte Erfahrungen im Jahr davor gemacht) – keine Experimente! Mit Dingen wie Blaubeersuppe, Honiggetränken oder Lasagne kann man sich ziemlich gepflegt so eine Tour vermasseln. Wir haben uns da an Sachen wie Bananen, trockene Brötchen und natürlich einen Sack (mitgebrachte) Energieriegel gehalten – da hatten wir schon Erfahrung mit gesammelt.
Unsere Strecken-Taktik war die ersten 109 Kilometer bis zur Versorgungsstation Jönköping in einem Hieb durchzuziehen. Die ersten 50 Kilometer verliefen völlig problemlos. Die nächtliche Atmosphäre (es war irgendwie nie richtig dunkel – halt fast „Mitsommernacht“)war wirklich toll – die Temperaturen noch absolut angenehm. Und schon da war irgendwie auffällig: Der Holgi will das wissen!Die nächsten 60 Kilometer bis Jönköping wurde es schon deutlich hügeliger, was normalerweise bei Holgi das Tempo nimmt – aber nicht in dieser Nacht! Holgi hat in die Pedale getreten – bergan und bergab – sagenhaft. Bergab konnte ich kaum das Tempo halten und auf gerader Strecke konnte ich gut mitmachen. Aber bergan habe ich mich wirklich erschrocken – da musste ich mich schon mühen vorne zu fahren. Auf meine bangen Fragen, ob das denn wohl der richtige Rhythmus sei, kam nur die launige Antwort: „Heute sind die Beine gut“ (der Spruch kommt angeblich von Ulle). Das Ergebnis war ein 28’er Schnitt in Jönköping – WOW! Und eine ziemlich berauschende Fahrt durch die Nacht – so mit „nur das Surren der Räder und Ketten hören“ und so...
An der Station haben wir nur kurz die Flaschen gefüllt und Bananen getankt – weiter ging es. Das war auch gut so, denn es war mittlerweile schon ein wenig kühl geworden – fand ich. Der nächste lange Törn war bis nach Karlsborg geplant – wieder satte 101 Kilometer. Langsam wurde es dann wieder hell, aber lange noch nicht wärmer. Trotz Weste, Armlinge und knielanger Radhose war mir irgendwie immer ein wenig fröstelig – Holgi in kurzer Hose und Trikot hatte keine Probleme !? Bis auf eine bergige Passage über ca. 30 Kilometer direkt nach Karlsborg war das ein sehr schön zu fahrender Abschnitt. Holgi trat immer noch wie ein Elch in die Pedale (so einen haben wir leider nicht gesehen ) und gegen unsere geplante Strategie haben wir uns fast nie irgendwo rangehängt, sondern selber das Tempo gemacht. Und Holgi kräftig vorne weg – ich ahnte schon böses ...
Als wir dann an der Versorgungsstation ankamen sorgte die nun schon scheinende Sonne endlich für etwas mehr Wärme. Bis dahin hatten wir einen 27’er Schnitt auf 200 Kilometer gehalten – deutlich über unserer Erwartung. Eine kurze Rast mit Flaschenfüllung und trockenen Brötchen und weiter ging es – geplant war die Station Hammarsundet 49 Kilometer weiter. Aber dann kam es wie es kommen musste – der tapfere Holgi hatte nur 10 Kilometer weiter einen Tiefpunkt zu packen – 1/4-stündige Zwangspause mit Ruhe, Trinken und vor allem Energieriegel – und er hasst die Teile so! Man was habe ich auf ihn eingeredet so ein Teil zu verhaften!
Der Stopp wirkte aber Wunder – bis Hammarsundet ging es zwar etwas langsamer, aber immer noch in patenter Geschwindigkeit weiter (25’er Schnitt). Nun wurde es langsam richtig warm – wirklich optimale Bedingungen. An den Straßenrändern waren immer mehr Teilnehmer die außerhalb der Versorgungspunkte eine (Zwangs)pause einlegten – einige schliefen sogar. Die Nacht forderte offensichtlich bei einigen ihren Tribut.
Hier und da sah man auch die „Besenwagen“ mit geladenen Rädern – das war uns in der Nacht noch nicht begegnet. In Hammarsundet angekommen war klar : Die letzten 50 Kilometer würden für Holgi hart werden – eigentlich war er schon platt . Mir fehlte erstaunlicherweise noch nichts – außer das ich langsam keine Böcke mehr aufs Radfahren hatte. Diese Versorgungsstation war mit das Schönste, was mir von der Tour im Gedächtnis geblieben ist – an der nördlichen Spitze des Väddernsee gelegen, in luftiger Höhe direkt am See, ein kuscheliger kleiner Rastplatz mit optimalem Ausblick, und an diesem Morgen sonnenüberflutet – phantastisch! Da schmeckte der halbe Becher Kaffee (ich konnte nicht widerstehen) noch mal so gut. Vor der Weiterfahrt wurden (wie abgesprochen) noch die Familien informiert, das wir in 20 Kilometern Medevi erreichen (in der Nähe lag das gemietete Haus) und moralische Unterstützung brauchen würden , und weiter ging es. Zu allem Überfluss wurde ab diesem Punkt die Strecke teilweise noch mal ordentlich bergig und die Wärme nahm ordentlich zu, mehr als eigentlich nötig war. Das machte die ganze Sache nicht gerade einfacher. Unser Schnitt brach nach diesem Stopp dramatisch zusammen, weil Holgi nur noch mit halber Kraft fahren konnte. Damit wurde der letzte Abschnitt für uns beide schwer. „Der eine mit letzter Kraft – der andere mit halber Kraft“ – und meine Unlust aufs Radfahren stieg immer mehr .
Ein echtes Highlight war dann natürlich der „Boxenstopp“ bei unseren Familien – da fühlten wir uns wirklich wie Helden. Man was taten die bewundernden Blicke gut!
Die dann noch folgenden letzten 30 Kilometer verliefen für mich zäh wie Kaugummi. Mittlerweile taten mir die Füße und der Hintern weh wie Hölle. Nach fast jedem Anstieg an einem Berg musste ich nun schon absteigen und auf Holgi warten. Unser Fortkommen kam mir mittlerweile wie ein Schneckentempo vor. Holgi ging es offentsichtlich noch deutlich schlechter , aber an Aufgabe war für ihn nicht zu denken – recht so! Also kämpfte er sich verbissen weiter. Irgendwann hatten wir es dann tatsächlich geschafft und erreichten den Stadtrand von Motala. Noch mal alle Kräfte mobilisiert und erhoben Hauptes den letzten Kilometer geradelt und dann: DAS ZIEL !! Wir hatten es tatsächlich geschafft!
Was für ein ultrageiles Gefühl! Jubelnde Zuschauer (incl. unserer Familien und dem Athleten-Trio) um uns rum und im „Zieleinlaufbereich“ nur glückliche Gesichter der angekommen Teilnehmer – super! Eine wohlverdiente Siegermedaille und ein Siegerphoto für das Familienalbum – dann war der „offizielle“ Teil vorbei. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich schon deutlich besser, da ich nicht mehr auf dem schrecklichen Sattel sitzen musste und meine Schuhe längst ausgezogen hatte.
Natürlich hatten Holgi und ich uns zu diesem Zeitpunkt schon ausführlich gratuliert und des kräftigsten gelobt – wir waren schließlich Helden!
Danach hatten alle Teilnehmer noch einmal die Möglichkeit sich ordentlich zu stärken. Zu meinem Übel gab es als Mahlzeit Kartoffelsalat und Schinkenwürfel ! Ich hasse Kartoffelsalat , aber ich war so hungrig und ausgelaugt, dass der Kartoffelsalat himmlisch schmeckte. Danach noch ordentlich Käffchen und ich fühlte mich wie ein König – Holgi lag mittlerweile auf dem Rasen und schlief – seine Batterien waren wirklich leer.
Den Rest des Tages waren wir alle 5 nicht mehr so recht zu gebrauchen, und am Nachmittag hörte man von uns allen nur ein seliges Schnarchen . Zur abendlichen Grillfeier waren aber alle wieder an Board, und es wurde selbstverständlich die komplette Tour noch einmal genauestens analysiert. Und was jetzt den nun als nächste Herausforderung folgen soll .........

Commander

better a bad surfing day than a good working day !

Angefügte Bilder:
Väddernrundan_Siegerbild Kopie.jpg  
Bernie Gee Offline

ADMINISTRATOR



Beiträge: 1.225

27.09.2006 19:34
#2 RE: Väddernrundan 2006 - Der Bericht !! Antworten

@ Commander

...mensch Alter.
Das gibt von mir doch glatt ein doppelts !!
Einmal für die sensationelle Leistung die du und dein Kumpel Holgi
da vollbracht haben, und zum 2. für den super tollen Bericht, der
einen wirklich in Gedanken mit nach Schweden zu diesem Event genommen hat - klasse !

Da hat sich das Warten doch gelohnt.
Aber ein so langer Bericht, braucht wohl halt so seine Zeit.

Also von mir noch mal:


Schöne Grüße





"Sprache ist Ausdruck des Geistes"
Friedrich Hölderlin (dt. Dichter, 1770-1843)

Iceman Offline

Board-Profi



Beiträge: 789

27.09.2006 22:31
#3 RE: Väddernrundan 2006 - Der Bericht !! Antworten

mensch alter

einen echt fetten bericht haste da abgeliefert .

ich verharre in erfurcht.


Noch Fragen?
Iceman

 Sprung  
Xobor Erstelle ein eigenes Forum mit Xobor
Datenschutz